Pressemitteilung: Sonderschulmoratorium verhindert Doppelbesetzung beim Gemeinsamen Lernen

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Pressemitteilung

Sonderschulmoratorium verhindert Doppelbesetzung beim Gemeinsamen Lernen

Bereits am ersten Tag der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP haben die beteiligten Parteien verkündet, dass alle Sonderschulen in NRW erhalten bleiben sollen. Dies gelte auch für Sonderschulen, die lt. Schulministerium bereits als auslaufend gelten, da ihre Mindestschülerzahl nicht erreicht wird. Dieses sogenannte Moratorium wird die Bildungsqualität für Kinder und Jugendliche mit Behinderung nicht verbessern, sondern verschlechtern: Einerseits wird der Mangel an Sonderpädagogen in der „Inklusion“ verschärft. Andererseits werden im Sonderschulbereich Zwergschulen mit zweifelhafter Unterrichtsqualität erhalten.

Jedes Kind und jeder Jugendliche hat einen bundes- und landesgesetzlich gesicherten Rechtsanspruch auf inklusive Bildung. Das heißt, dass jede Schülerin bzw. jeder Schüler seine bzw. ihre individuelle Förderung im Rahmen der Allgemeinen Schule erhält – nicht nur Kinder mit körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen, sondern ALLE! So sieht es richtigerweise das Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vor. Beste Bildung können Schülerinnen und Schüler nur im inklusiven Unterricht an der Allgemeinen Schule erfahren.

Wenn nun von Herrn Laschet und Herrn Lindner, wie im Zusammenhang mit den Koalitionsverhandlungen in den Medien berichtet wurde, der Bestand an Sonderschulen - koste es, was es wolle – gesichert werden soll, enthalten sie den allgemeinen Schulen notwendige Lehrerstellen für den inklusiven Unterricht vor.

Im Klartext:

Kommunen, die ihre bereits seit Längerem getroffenen Schließungsbeschlüsse zurücknehmen, laufen Gefahr die pro Sonderschulstandort benötigten Betriebskosten i. H. v. ca. 300.000 EUR jährlich über einen Nachtragshaushalt aufbringen zu müssen. Die sich sonst so kommunalfreundlich gebenden Parteien CDU und FDP bürden den Kommunen also finanzielle Lasten in erheblicher Größenordnung auf und bescheren den Kommunalpolitikern eine Diskussion um die (Wieder-)Ausgrenzung von Behinderten.

Für den Betrieb einer Sonderschule mit bspw. 6, 11 oder 20 Schülerinnen und Schülern müssen wie in der Nachkriegszeit - jahrgangsübergreifende „Zwergklassen“ gebildet werden, weil nur ein Lehrer zur Verfügung steht – wie hier „individuelle Förderung“ stattfinden soll, erschließt sich auch Schulfachleuten nicht.

CDU und FDP haben im Wahlkampf immer wieder die schlechte Ausstattung der allgemeinen Schulen beklagt, weshalb „Inklusion“ nicht qualitätsvoll umgesetzt werden könne. Mit dem Weiterbetrieb von Zwerg-Sonderschulen verschärfen die neuen Koalitionäre den Lehrermangel im inklusiven Unterricht. Denn mit jeder Schließung einer Sonderschule werden Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen für den inklusiven Unterricht in allgemeinen Schulen frei.

Ohnehin ist die vergleichsweise unzureichende Personal- und Sachausstattung der nordrhein-westfälischen Schulen kein Ergebnis einer verfehlten „Inklusionsgesetzgebung“, sondern eine bewusste überparteiliche Entscheidung, die über alle Regierungen der letzten 20 Jahre hinweg nicht hinterfragt wurde. Nach den Wahlen halten CDU und FDP die Macht in der Hand, dies grundlegend zu ändern, um allen Kindern und Jugendlichen beste Bildung vermitteln zu können.

Mit der von CDU und FDP proklamierten Absicht Zwergsonderschulen weiterzuführen, erhält man auch das Nebeneinander von Allgemeinen Schulen und Sonderschulen aufrecht. Für jede öffentliche Verwaltung und in jedem Wirtschaftsunternehmen, das am Markt bestehen will, ist es selbstverständlich Doppelstrukturen mit der Zeit abzubauen oder am besten ganz zu vermeiden. Denn Doppelstrukturen sind auf Dauer fachlich ineffektiv und wirtschaftlich defizitär. Die Beibehaltung von Zwergsonderschulen führt nicht zu besserer Bildung und belastet die Schulträger dafür umso mehr.

Dortmund, den 12.06.2017

Bernd Kochanek

(Vorsitzender)